Ob ein Mensch sein Leben öffentlich lebt und wie viel er davon preisgibt, sollte jeder für sich alleine entscheiden können. Dahingehend bin ich ein unbedingter Fan von dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Wenn es jedoch um „Persönlichkeit“, „Wahrhaftigkeit“ und „Wahrnehmbarkeit“ geht, denke ich, benutzen die Menschen das Internet viel zu oft als Maske. Sie glauben, dass sie sich in der der vermeindlichen Anonymität des Netzes verstecken müssen. Das ist ein Irrtum.
Eben diese Bereiche sind nicht Anonym! Und wenn ich in Foren und Singlebörsen ein Bild von mir zeichne, das der Realität nicht, oder nur wenig entspricht, dann habe ich das Gefühl sicher zu sein, gleichzeitig täusche ich andere über mein wahres Ich. Das wäre so lange nicht schlimm, wenn nicht alle dies tun würden und somit jeder annimmt, dass das was in den Foren und Börsen so steht, auch nicht der Wahrheit entspricht.
Um so erstaunlicher, wie viele Menschen ich kenne, die sich über das Internet gefunden haben! Offensichtlich verbindet sich mit dem „Verstecken“ auch ein „Entdecken wollen“.
Ich persönlich vertrete jedoch die These, dass nur wer vollkommen authentisch ist und sich ehrlich präsentiert, auch wirklich ernst genommen werden sollte.
Würden sich die Menschen daran halten, gäbe es viel weniger Enttäuschungen – und nicht nur die 16 jährige, die plötzlich statt einem schmucken 17 jährigen einen pädophilen alten Knacker von 60 Lenzen begegnen muss.
Mit der Scheinwelt geht nämlich auch noch eine Desensibilisierung im Umgang mit dem Anderen einher. Zwar weiß man, dass im Netz oft die Unwahrheit verbreitet wird, was aber niemanden, und vor allem die noch Ahnungslosen Jugendlichen, zu einer größeren Um- und Vorsicht verleiten würde. Statt dessen reizt das Unbekannt; das Wissen, dass das Wenige, was man zu wissen glaubt, auch falsch sein kann.
Auch ich habe Dinge, die ich hier nicht präsentiere. Das sind private Dinge, etwa meine Kontoverbindung. Oder genau Beschreibungen von Personen und Namen in meinen Geschichten und Texten. Die Betroffenen mögen sich wiedererkennen, aber für jeden Anderen bleiben sie Kunstprodukte und anonym.
Zu Recht wird in der Presse auf Gefahren im Internet hingewiesen. Aber gilt dies für Alles? Was darf man mitteilen und was nicht? Wo liegen Gefahren und wie können die Informationen missbraucht werden?
Wie leicht geben wir, etwa bei einem vermeindlichen Gewinnspiel, viel mehr über uns preis. Und wer prüft den Inhalt der verlinkten AGBs, oder ob es das anbietende Unternehmen überhaupt gibt? An diesen Stellen kann man eigentlich gar nicht vorsichtig genug sein und doch sind wir es alle viel zu wenig.
Es gibt aber auch die scheinbaren Gefahren. Zum Beispiel: Mein Name und meine Adresse kann jeder Interessierte auf vielfältige Weise herausfinden – und das ganz legal, etwa über das Einwohnermeldeamt. Das Gleiche gilt für Geburtsdatum und -Ort.
Alleine damit kann jemand eine Identität „stehlen“, soll heißen, unter dieser Identität mutwillig und strafbewehrt zur Anmeldung bei verschiedenen Diensten nutzen, oder zum Beispiel Kredite beantragen. Ich will nicht im Detail ausführen, wie sich dies realisieren lässt, aber es soll genügen zu sagen, dass es möglich ist. Sind wir jedoch ehrlich, wie wahrscheinlich ist es, dass jemand auf meine Webseite stößt, die notwendige kriminelle Energie aufbringt und versucht meine Identität zu stehlen? Genau so wahrscheinlich, wie dass jemand sich diese Daten anderweitig beschafft – abgesehen davon, dass es sich bei mir wohl kaum lohnen würde…
Und all die anderen Informationen, die auf meinen Seiten zu finden sind? Nun, ich denke, dass das Meiste aus dem Kontext über mich erzählt. Es ist schwer, bis unmöglich unmittelbar aus den Informationen kriminellen Nutzen zu ziehen. Und wenn, dann ist es auf andere Weise ebenso oder einfacher.
Und genau das ist der Grund für mein Plädoyer: Wir brauchen uns im Internet nicht zu verstecken! Es ist viel sinnvoller, sein wahres Gesicht zu zeigen und wirklich und wahrhaftig das zu äußern, was man denkt. Erst wenn mehr Menschen dies tun, werden Blogs und Kommentare, virtuelle Identitäten ernster genommen. Und dann fangen die Menschen an, ihr Gegenüber differenzierter zu betrachten und gehen vorsichtiger mit solchen um, die fragwürdige Angaben machen.
Aber ich will nicht dogmatisch sein, sondern hier zu einer Diskussion einladen: Was denkt Ihr darüber? Sollte man sein wahres Gesicht zeigen? Oder sit es besser die Anonymität zu wahren?
Diskutiert mit mir, ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen. Wer sich nicht anmelden möchte, soll über das Kontaktformular seinen Kommentar an mich schicken, ich werde ihn dann hier ohne Quellenangabe einstellen.