Saddam Hussein ist tot …

Verteilung der Todesstrafe in der Welt

…. und das ist gar nicht gut so!

Ein Diktator, der von manchen noch größer, noch böser und noch schlimmer gemacht wurde als er tatsächlich gewesen ist, wurde heute Nacht um 4 Uhr hingerichtet. Kein Grund traurig zu sein? Hat er seine gerechte Strafe bekommen? Kann man den hundert und tausendfachen Mord überhaupt sühnen?

Saddam Hussein hat sich mächtige Feinde gemacht. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er von keiner religiösen Inbrunst getrieben wurde, sondern ganz profan Macht anstrebte und brutal durchsetzte. Er hat sich schlicht verschätzt – hatte geglaubt die Amerikaner hätten Hemmungen noch einmal in den Irak zu marschieren, oder die Welt würde den Amerikanern in den Arm fallen. Aber die Welt, oder besser die UNO, war zu schwach. Statt zu handeln wurde appelliert und zugeschaut. Das einzig Gute daran ist, wenn man etwas Gutes daran finden kann, dass ein Despot gestürzt wurde. Eben der sich verrechnende Saddam Hussein.Wie unwürdig war dann das Auffinden des Diktators? In einem Erdloch, verdreckt, verlumpt – und das trifft einen Mann, der noch kurz zuvor in Luxus geschwelgt hat.
Ich habe lange überlegt, ob ich diese Bilder für authentisch halten soll. Ich tue es, denn die Hybris des Mannes Saddam Hussein verführte ihn sicher ein weiteres Mal zu sinnloser Hoffnung zu versteigen und auf einen Volksaufstand zu seinen Gunsten bauen, der jedoch bislang ausblieb.

Seit heute Nacht ist ein böser Mensch tot. Und dennoch bin ich ganz und gar nicht froh. Die Welt ist heute Nacht ein wenig unsicherer geworden.
So lange die Anhänger einen gefangenen Führer hatten, konnte man den zerlumpten Gefangenen vorzeigen und sagen: „Seht her, dieser Wahnsinnige war einmal Euer Chef – seht ihr seine Schwäche? Seht ihr seine Fehler?“
All dies kann man nun nicht mehr sagen. Die Anhänger jedoch werden sagen: „Er ist ein Märthyrer! Er ist bei Allah“ und vielleicht auch ein wenig neidisch „Er ist bei den 72 Jungfrauen!“

Das ist die eine Seite. Die andere ist, Todesurteile sind unmenschlich. Nicht einmal gegenüber dem Hingerichteten, denn der hat es, siehe Saddam Hussein, wahrscheinlich verdient. Nein, es geht um etwas Gundsätzlicheres. „Du sollst nicht töten!“ heißt es in der Bibel. Und Ähnliches findet sich nicht ohne Grund in Kern jeder großen Religion. Hat ein Staat das Recht das Leben eines Menschen zu beenden? Was ist Moral? Muss ein Staat moralisch handeln? Nach meinem Dafürhalten ja. Der Staat hat eine Vorbildfunktion. Wie kann der Staat seinen Bürgern etwas verbieten, was er selbst aktiv betreibt?

Und noch eine weitere Implikation: Wenn ein Mensch zu Tode verurteilt wird besteht ein Rest Zweifel an seiner Schuld. (Ausnahmen wie in diesem Fall bestätigen nur die Regel!) In den USA warten in zahlreichen Todestrakten Menschen auf ihre Hinrichtung. Ich möchte nicht wissen, wieviele davon unter anderen Prozessverläufen niemals dort gelandet wären! Und die USA ist bis auf ein paar Ausnahmen ein Rechtsstaat. Wie anders ist dies in Staaten, wie China, in denen eine öffentliche Kontrolle in viel geringerem Maß stattfindet!

Die Karte zu Beghinn dieses Artikels stammt aus Wikipedia. Sie zeigt die Länder, in welchen die Todesstrafe verboten oder zumindest auf Kriegszeiten beschränkt ist in blauen Farbtönen. Länder, in welchen die Todesstrafe noch aktiv praktiziert wird, in rötlichen Tönen. Und letztlich sind Länder – und das hat mich ehrlich schockiert – in welchen Kinder mit dem Tod bestraft werden können, in Rot dargestellt! Wie unsagbar schrecklich. Niemand spricht darüber. Niemand stört sich daran. Aber ers gibt Länder in welchen Kinder hingerichtet werden (können)! Wann werden die Menschen bereifen, was sie ihrer eigenen Menschlichkeit gegenüber anrichten!

Ich bin unendlich froh, dass die Bundesrepublik seit ihrer Verfassung 1949 und die EU auf die Todesstrafe verzichten und die EU dies inzwischen zum Prüfstein für eine Aufnahme macht. Dadurch hat die Türkei offiziell 2006 als bislang letztes Land auf die Todesstrafe verzichtet.

Ich bin froh in diesem Land und in der EU zu leben. Wir leben auf einer Insel der Glückseligen. Und wissen es selten zu schätzen.

Saddam Hussein ist tot. Kein Grund für Häme und noch viel weniger Grund zur Freude, wie sie morgen von der Zeitung mit den vier Buchstaben zu erwarten sein wird. Er ist tot und die USA müssen sich fragen (lassen) wie sie einen toten Märthyrer bekämpfen wollen. Die Freude über die „Gerechtigkeit“ wird in wenigen Tagen, vielleicht wenigen Stunden verflogen, der Ruf nach Rache jedoch noch lange zu hören sein.

Sehr informativ, umfangreich und lesenswert: Wikipedia:Todesstrafe